Ihr Lieben! Wir sind wieder am Ende und am Anfang des Jahreskreises angelangt. Die Kelten feierten um den aktuellen Zeitpunkt herum das Fest Samhain. Es steht dem Beltane im Jahreskreis genau gegenüber. Zu diesen beiden Zeiten ist der Schleier zwischen den Welten dünner als sonst. Um Samhain geht es anders als zu Beltane nicht um lebensfrohe, in Fülle stehende Energien, sondern um das Vergängliche, die Totenwelt, unsere Ahnen und Vorfahren. Man kennt heute „Bräuche“ wie das Verkleiden zu Halloween. Ursprünglich stammt die Idee eben daher, dass der Schleier zwischen den Welten sehr dünn ist und die Reise zwischen den Reichen sehr einfach geht. Das bedeutet, der Kontakt kann leicht hergestellt werden zwischen unseren Ahnen und uns selbst. Dies ist die Zeit, in der wir den Toten gedenken, in der wir aber auch alte Wunden schließen, ins Reine kommen, um Rat und Hilfe bitten können. Jeder von uns hat Ahnen in seiner Linie, die wunderbare Eigenschaften hatten, welche sie uns in die Wiege gelegt haben. So zum Beispiel stammen beide Seiten meiner direkten Vorfahren aus der Landwirtschaft. Ihnen habe ich meine Liebe und mein tiefes Verständnis für unsere Natur zu verdanken. Die Frauen meiner Ahnenlinie waren starke Frauen, die mit Herz und Verstand agiert und für ihre Familien gesorgt haben. Usw.
Macht man sich einmal bewusst, welche Talente und hilfreichen Eigenschaften wir von unseren Ahnen geerbt haben, können wir sehr dankbar sein. Unsere Wurzeln kann uns niemand nehmen. Auch in turbulenten Zeiten geben sie uns halt und Struktur. Und darüber hinaus können wir uns sicher sein, dass unsere Ahnen uns mit ihrem Rat den Rücken stärken und uns aus ihren Erfahrungen lernen lassen. Wir müssen nur darum bitten. Dies ist die beste Zeit dafür.
So wie unsere Ahnen uns Platz für neues Leben gemacht haben, werden auch wir irgendwann Platz für neues Leben machen – jeder zu seiner Zeit. Das ist der Fluss des Lebens. Im Kleinen bedeutet dies das Sterben und Werden von Prozessen, Lebensabschnitten, Gedankengut und Mustern. Unser Leben besteht aus Wandel. Die Wellen schlagen manchmal höher oder sogar über uns zusammen, manchmal plätschern wir nur vor uns hin, manchmal laufen wir auf Grund und müssen uns losreißen. Befinden wir uns im Fluss des Lebens, so stehen wir dem Wandel positiv gegenüber. Wir lassen es zu, dass „veraltete“, uns nicht mehr nützliche Dinge, Wesen oder Energien gehen dürfen um Platz für Neues, uns Weiterbringendes zu machen. Bevor etwas Neues kommen kann, muss Altes gehen. Die Natur zeigt uns wie das geht, indem die Bäume ihre Blätter loslassen, das Gras auf den Wiesen braun wird, die Blumen sich in ihre Wurzeln zurückziehen, die Tiere sich einen Wintervorrat zulegen, sich alles auf das Wesentliche konzentriert, sich zurückzieht und Ruhe findet. Die Natur lässt einfach los, sie lässt einfach sterben, was vor Kurzem noch in großer Fülle (Marbon – Erntedank) stand.
Für uns Menschen ist das Loslassen meiner Meinung nach das Schwerste, was wir auf dieser Erde zu lernen haben. Wir halten gern fest an einst Geliebtem, Geschätztem, Gewohntem, alles was uns einst ein gutes Gefühl oder ein Gefühl der Sicherheit gab. Wir wollen nicht einfach akzeptieren, dass eine Phase abgeschlossen ist und es da nichts mehr für uns zu holen gibt. „Es war doch so schön!“ Übertragen wir dies auf die Natur, können wir zum Beispiel sagen: Ein Weinberg, der abgeerntet ist, wirft keinen Ertrag mehr ab. Da können wir uns anstrengen, wie wir wollen und wir können uns den Sommer oder den Herbst herbeiwünschen, so sehr wir wollen. Wenn wir das tun, leben wir in der Vergangenheit. Wir sind aber im Hier und Jetzt. Jetzt steht nun mal der Winter vor der Tür. Das Jahresrad dreht sich weiter. Eine Phase ist abgeschlossen, dann folgt unweigerlich die nächste. Es werden neue Früchte wachsen. Frühling und Sommer werden wiederkehren, dann wenn es Zeit ist. Vorher aber müssen auch die Weinreben ihr Laub abwerfen – loslassen – damit der Prozess von Neuem beginnen kann.
Der Blick in die Natur lässt uns daran erinnern, dass es ganz natürlich und sogar notwendig ist, loszulassen. Wir Menschen streben nach Entwicklung. Lassen wir nicht los, wenn es richtig wäre, stagnieren wir in unseren Themen und Mustern. Aus unserem Weinberg-Beispiel sehen wir, dass es keinen Sinn macht, an einem Lebensabschnitt oder irgendetwas festzuhalten, wenn es daraus keinen Nutzen mehr für uns gibt. Unser Leben ist dann nicht mehr im Fluss. Vielleicht werden wir krank. Zumindest werden wir nicht glücklich.
Wie ein Blatt sich auf dem Wasser treiben lässt, so sollen auch wir uns zu gegebener Zeit treiben lassen. Manchmal ist es notwendig Abschied zu nehmen: von Menschen, von Orten, von Jobs, von Gewohnheiten. Jetzt ist eine gute Zeit, uns bewusst zu machen, was sterben darf; von was wir uns in Liebe verabschieden dürfen, damit wir unseren Fokus auf das Wesentliche richten können. Wandel ist für viele von uns im ersten Moment erschreckend, weil wir unsere Komfortzone verlassen und vielleicht Sicherheiten aufgeben. Verschiedenste Ängste, Unruhe, vielleicht sogar Panik können aufkommen. Und trotzdem ist es der Lauf der Welt, der Fluss des Lebens. In diesen Zeiten kann ich nur einen Rat geben: Vertrauen! Wenn wir mit dem Fluss des Lebens schwimmen, wird für uns gesorgt. Manchmal wird nochmal gebohrt und nachgefragt und geprüft: Willst du das wirklich? Bist du bereit dazu, den Schritt zu gehen, ins kalte Wasser zu springen? Und wenn wir dann aus unserem Herzen heraus Ja sagen, wird der Weg geebnet, neue Möglichkeiten erschließen sich und der Übergang wird leicht: von einer Lebenssituation in die andere, vom Sein zum Vergehen und wieder Werden, vom Leben in den Tod bis neues Leben kommt. Denn etwas Altes muss immer sterben, damit Neues, Segenbringendes entstehen kann.
Auch
für mich muss etwas „Altes sterben", damit sich das Rad des
Lebens weiter drehen kann. Auch für mich ist es schwer, loszulassen und
ins kalte Wasser zu springen. Jedoch wird es von Tag zu Tag einfacher, je mehr ich den Wandel zulasse. Ich bin zutiefst dankbar für all die
liebenswerten Menschen, die hilfreichen Erfahrungen und die unendlich
bezaubernde Natur, die ich in den letzten vier Jahren hier im
Spessart kennengelernt habe. Und auch für mich gibt es nur einen
Rat:
Höre auf dein Herz und vertraue! Das ist der Fluss des Lebens!
ALLES FLIESST
- Loslass Mantra -
Alles fließt, kommt und geht,
alles fließt, nichts besteht.
Wer loslässt, dem öffnet
die Welt sich ein Stück.
Alles fließt, Zeit verrinnt,
alles fließt und neu beginnt.
Die Wellen des Wandels,
sie
nehmen uns mit.
Alles fließt, kommt und geht,
alles fließt, nichts besteht.
Beim Abschied mit Tränen,
beginnt neues Glück.
Aus dem Album „SPIRIT DANCE“ von Astrid Kuby & Friends